Abschiede waren schon immer Dinge von der Art die mir nicht liegen, die ich nicht kann. Irgenwas in mir sperrt sich und bekomme kein Wort raus und bete um das Ende wie bei einer Folge Stromberg. Fremdschämen fällt in die selbe Kategorie.
Heute gehen zwei Jahre zu Ende, zweienhalb eigentlich. Dieser Abschied ist keiner von einer Frau oder einem Verwandten, dem geliebten alten Auto oder der gehegten Plattensammlung. Es ist der meiner Wohnung und damit meines Mitbewohners. Natürlich werde ich nostalgisch, fasse alte Dinge an und Bilder kommen. Das ist für jeden schlimm. Die Geschichten dieser vier Wände sind verschwommen als auch zahlreich und zu neunzig Prozent alkoholindiziert. Wie ich nackt vor meinem Laptop saß und "To much love will kill you" sang, wie dieses Lied zu unser Hymne wurde, wie wir es voller Vodka auf unserem Couchtisch stehend in die Nacht schrien und um unsre Freiheit beneidet wurden.
Zwei Jahre, von denen jeder einzelne Tag mit einem Bad begann, er saß rauchend auf der Waschmischine und wir redeten endlos über unsre Beziehungen, warum diese Stadt so zum kotzen ist, wer wovon keine Ahnung hat und warum wir überhaupt die coolsten sind.
Eines Abends, wir waren zu dritt, ging er mit einem Freund zu Sido, ich blieb und spielte alleine Wii. Nie unter Rotwein Bogenschießen, geht schief, ich schwöre.
Später teilten wir unseren desolaten Zustand auf der Tanzfläche der örtlichen Diskothek. Ich fiel und mir fiel ein, ich könnten gehen. Wir waren in dieser Nacht sicher vom Teufel besessen, anders kommen folgende Vorkommnisse nicht zusammen. Wir wachten auf, jeder in einem anderen Bett als er eingeschlafen war. Fassungslosigkeit machte sich breit. Mein Mitbewohner fand meine Socken im Ofen. Auf die Frage was das denn solle, entgegnete ich patzig, er solle froh sein, wir wären in der Nacht davod keine Väter geworden. Und wieder war es Vodka, die Nähe zu Polen macht dieses Getränk zu naheliegend, wir sollten Prozente bekommen.
Ich weiß nicht mehr wie oft ich diese Geschichte schon erzählt habe und wem alles, ich löse hiermit das Versprechen ein sie nieder zu schreiben.
Über unsrer Couch hängt Klaus Kinski in fötaler Haltung am Daumen nukkelnd auf ein Frau, Bild mit Titte, perfekt für eine Männer-WG. Meine Exfreundin hasste es und wollte es nirgends. Darunter hängt die Chiefspruchliste. Jedes Mal wenn einer etwas politisch unkorrektes sagte bekam, er einen Strich. WM 2010 Deutschland-Argentinien 3:0, Torchance für Argentinien. Ich "Aber wir werden doch jetzt kein Tor kassieren?" Er "Aber nicht von Kolonie!" Dafür gabs nen Strich und einen Facebook Status Deutschland gegen Nazideutschland 4:0. Daneben hängt eine Setlist, einer Band, die wir inzwischen kennen, den Weg dieses Schriftstück dahin noch nicht.
Ich musste heute unsre Technikschulblade ausräumen, die war voller Receiver, 4 Stück haben wir in 2 Jahren verbraten, fünfter in Arbeit, guter Schnitt. Es ist so vieles so absurd. Drei Anlagen, wir hatten überall Musik, sogar durchs Fenster. Da wohnt gegenüber so ein vernachlässigter, schwer drogensüchtiger Teenager der sich immer auf dem Fensterbrett Crystal zieht. Und der versucht so doll Gitarre zu spielen, jeden Abend um acht. Zuerst "Thunderstruck" von AC/DC, dann "Killing in the name of" von Rage against the machine und weil das alles noch nicht so richtig klappt endet die Einlage immer mit "Sweet home Alabama" von Lynyrd Skynyrd. Ich habe auch schon die Boxen ans Fester gestellt und mit Slipknot geantwortet "people = shit", hat er nicht verstanden, schade. Wenn der mal ne Band hat, werfe ich ihm aus der ersten Reihe ne Flasche an den Kopf.
Es ist der Abschied von einem gleichen Paar, wir sind beide Walter Matthau. Zwei Nerds müssen jetzt ihre Frauen belasten. Wir wussten beide genau die Hälfte über Musik, Filme und Bücher von dem was es darüber zu wissen gibt. Zeit mit uns war immer eine Qual, was uns aber herzlich egal war. Wir bekamen uns die Haare, weil ich fand, dass asiatische Filme öde sind: Alle sehen gleich aus und sind zu gleich wenig Mimik fähig. Dass das rassistisch ist, war nicht sein Problem, meine schiere Ignoranz gegenüber diesen Werke schon. Ich empfand es als infame Behauptung Jupiter Jones wären unnötig, denn Turbostaat gäbe es schon. Sturen Menschen sollte es verboten sein, über Kunst zu streiten, besonders wenn die Wände so dünn sind und die niedliche Nachbarin ein kleines Kind hat. Über unsrer Spüle hängt Pete Doherty, dieser Satz hätte für die ganze Geschichte stehen können, hätte alles gesagt. So unwahrscheinlich wir unsre Kaution zurück bekommen so unwahrscheinlich wird mir das Fehlen. Wie sorgfältig wir unser Parkett aufgequollen haben. Die Flecken an der Wand, da hat jemand dagegengebrochen, Namen werden nicht genannt.
Eigentlich sollte er diesen Text schreiben, es ist der talentiertere von uns beiden. Er machte sich so gerne über Charles Bukowski lustig und das jeder so schreiben könnte, nahm sich eine halbe Stunde, kam mit einem Text wieder "Als ich einmal Charles Bukowski war" und ich bin vor Lachen von der Couch gefallen.
Die Deckenlampe des Wohnzimmers ist pure Fahrlässigkeit, mit Isolierband an die Decke geklebt, hängt an einer Bahn und wird runterfallen wenn der letzte die Tür hinter sich zumacht und der letzte WG-Hugo im Klo versunken ist, aber das dürfte dauern. Ich überlege welcher Essensrest in den Jahren wohl am übelsten roch, sicher was auf Milchbasis, masochistischerweise musste ich immer dran riechen, um zu checken ob wir gescored haben. Wir haben gelernt, das auch Kaffee schimmeln kann, schlicht man muss ihm die Zeit zur Reife geben. Die Küche ist raus, habe darüber unsren Topfdeckel gefunden.
Mit der nächsten Woche haben wir wohl auch den Krieg gegen das Fensterputzen verloren. Aber ist für den Nachbieter auch besser nicht ohne Zeitgefühl leben muss, weil er die Sonne nicht sieht. Schräge Dachfenster sind aber auch Bitches. Im Winter immer zugescheit, dann läuft im Frühling die Brühe drüber und dann will der Dreck wieder keiner gewesen sein. Wenn man sie bei Regen aufmacht gibts nen Kurzen im Receiver, so ist unser erster gestorben.
(müsste K.)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen