Es ist wert, sich damit zu
beschäftigen, aber schwer damit zu leben. Es ist immer hart und
unfair gegenüber den tollen Eindrücken, denen man durch Denken und
Wissen Konkurrenz macht.
So ewig viel zu lesen und so ewig alles
zum schlimm finden zu müssen.
Ein immer wieder vor der Entscheidung
stehen: „Muss ich das jetzt wissen?“. Eine Folge aus der Serie:
„Die Welt wird mein Feind.“ Ein schreiendes Kämpfen gegen
Windmühlen und ein ewiges Leben als David.
Es ist vieles viel zu wichtig und ich
lebe zwangsläufig als manigfaltiger Fachidiot, der nachts nur
schlafen kann, weil der Job mich schafft. Ohne ihn wäre ich wach im
Denken an mich, als gläsernen Menschen, als immer überwachten
Schuldner, eines Daseins, dass mich hasst und gerne aussaugt. Mein
nächstes Ziel heißt Lobotomie.
Man könnte Goethe beneiden, weil er zu
seiner Zeit noch ein Universalgenie sein konnte. Alles zu wissen, was
als Wissen einer Zeit verfügbar war. Aber auch er war blind für die
Seilschaften und den ewigen Neid des Geldes.
Mein täglicher Gang nach Canossa heißt
Spiegel online. Und da schreit mich die Welt in bunten Bildern an.
Ich laufe zur Arbeit an einem Bettler vorbei und denke, dass er ein
armer Kerl ist und noch ärmer dran, als er weiß, denn er ahnt
nicht, dass es Bargeld in Europa nur noch bis 2019 geben wird. Er
wird ein digitales Bezahlsystem für sein leidliches Streben brauchen
oder einfach nur still und leise untergehen.
Die Prognose ist übel, denn wir leben
in einem Land, in dem die Leute wegen Bahnhöfen auf die Straße
gehen, aber zu Hause bleiben, wenn die persönliche Freiheit
beschnitten wird. Das unsichtbare Damoklesschwert wird riesengroß
und größer, als der Mensch, aber es ist so toll unsichtbar, weil
wir so schön abgelenkt sind von einem Sein, dass uns fordert und
mehr fordert, als wir auf der Gegenseite ausbezahlt bekommen. Wir
werden keine Fackeln anzünden, nur weil uns die Banken unser
Erspartes wegnehmen. Stillschweigend ertragen ist so schön deutsch.
Ohne diese Neigung hätte der Faschismus nie funktioniert.
Warum finde ich es nicht mehr allzu
schlimm, die Schweigepflicht meines Arztes per Unterschrift
abzugeben? Ich bin zu gewöhnt an dieses System und die schluckweise
Beschneidung meiner Freiheit. Ich bin satt und die Sonne scheint,
also was kümmert mich Morgen, wenn für alle PRO 7 läuft?
Und jetzt laufe ich durch diese Stadt
und diese Welt, dies alles habe ich verstanden und habe eine Angst
vor noch mehr bösen Fakten. Ich will nicht noch mehr erfahren. Denn
schon jetzt denke ich, dass alles und jeder der Feind ist.
Diesen Satz, dass alles bald zusammen
bricht und wir alle auf die Barrikaden gehen, den kann ich nicht mehr
hören, denn ich hörte ihn schon zu oft. Und es muss was passieren.
Und dann sind wir wieder eingelullt auf unseren
Allergie-konforme-Kissen mit den Steppdecken von Omi und denken an
eine Zeit, von der sie uns erzählt hat, die wir nicht erlebt haben,
zu der wir uns aber zugehörig fühlen. Aber wir sind so wenig
Barrikadenleute und das Feuer hat der E-Herd verbannt. Was können
wir also tun? In einer überwachten Welt, die alles unkonforme
negiert und zerbombt.
Ich bin so müde vom Sein, das keines
ist, so lange es nicht frei ist, aber das ist nicht möglich, und ja,
das ist schon wieder zirkulär.
Ich lebe auf einer Wiese mit Blumen,
aus denen keiner fähig ist, einen Strauß zu binden. Etwas zusammen
zu fügen, scheint unmöglich. Und du kannst einen Strauch und den
Strick finden und du kriegst es einfach nicht zusammen.
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