"Darf ich dich küssen" wollte er sagen, sie war längst eingeschlafen. Es hätte jede sein können, denn er wollte alle haben, nicht alle, nur die eine. Sie zu finden war seine Aufgabe, neben denen, die er hatte sein Leben aufrecht zu halten. Diese hier aber roch nach Honig und atmete so seicht auf seine Brust.
Honig war ihm neu. Er hatte bisher nur Lavendel und Hibiskus und was auch immer gekostet. Honig war ihm fremd. Auf der Treppe nach unten fragte er sich nicht, was er falsch gemacht hatte, nicht was er hätte tun können um zu bleiben, er fragte sich, ob sie es war, sie, die er in diesem Moment verlies, sie sie, sie? Oder doch eine andrere?
Er hatte den Boden unter seinen Füßen verloren, verloren daran, dass ihn die Welt nicht mehr kannte. Er war ein Gedanke daran, wie man nicht sein sollte, nicht jetzt, nicht hier.
Die Straße war Asphalt und Teer, war Schweiß und Warnorange und eine Oma schob ihren Rollator durch den Dreck, nichts konnte sie aufhalten. Er ging ihr nach. Er wollte seit Langem lernen langssamer zu Laufen, langsamer zu sein. Sie ging die Straße runter vom Bahnhof weg, tiefer in die Stadt, den älteren Teil. Eigentlich fast, wie die Straßenbahn fuhr, die sie aus keinem verständlichen Grund nicht nahm.
Vorbei am Friedhof und Straßenmusikern. Vorbei an vor der Tür rauchenden Kellnern von Cafès, in denen er nie war, weil sie schlossen, wenn er ausstand. Sie fand einen schmalen Weg von Erde, er wurde langsam schwierig für ihr Gefährt, es ging bergauf und schlammig war der Untergrund. Vor einer rot/grünen abgebläütterten Tür blieb sie stehen und zog einen Schlüssel aus ihrer Tasche, einen alten, unsicheren Schlüssel, der mit Rosenmustern verziert war. Die Tür offen roch es modrig, alt, wie man sich das letzte Haus in Interview mit einem Vampir vorstellt.
Er sagte: "Darf ich eintreten?" "Warum und wer sind Sie?" "Ich? Nur jemand der wissen will, wie man so lange durchhält und noch so hoffnungsvoll der Sonne nachschaut, wie Sie!"
(müsste K.)
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