Meine Leben ist ein Suchbild, wo ist Waldo? Und vor allem wer oder was ist Waldo. Ich lebe in Tagträumen, solche wo ich um die Ecke gehe und meine Kopfhörer abnehmen muss, weil du da stehst und mich küssen willst. Bei jeder nächsten Ecke ist das so. Vielleicht sollte ich einfach geradeaus laufen.
Ich gehe zur Neiße, an der Uni auf die Bänke am Ufer sitzen un Bier trinken, Musik und Tabak. Ich allein, wie auch die letzten Tage. Ich kreuze eine Party mit lustig lächelnden Menschen, von mir sehen sie nichts weniger als mein Zahnfleisch. Ich habs so satt. Eigentlich bin ich sauer auf mich und nur mich, aber es auf Fremde zu projezieren macht einfach mehr Sinn. Selbsthass ist eine Kür mit doppeltem Rittberger, bei der ich noch nie gestürzt bin. Die Spuren im Eis sind Wege und Möglichkeiten und verlaufen immer im Kreis, witzig, wenn ich es genau betrachte.
Ich musste heute diese Stadt verlassen. Ich wollte nicht mehr in meiner Wohnung eingepfercht sein und darum beten müssen, dass jemand kommt und mir die Zeit verkürzt. Ich fuhr nach Dresden, meiner heimliche Liebe, um die Liebe zu finden, oder wenigstens abzustürzen und zu vögeln. Es dauerte nicht lang und ich bekam eben das. Unter einer Brücke im Regen saß sie auf mir und stöhnte. Wir teilten Bier und Tabak und ich schlief im Bett ihrer Tochter, denn diese schlief bei ihr. Ich war nicht ein Stück enttäuscht oder sauer, dass ich so allein gelassen im Kinderbett lag, ich hatte schließlich alles ersehnte bekommen. Sie war gut zu mir und so wahnsinnig wert, mit ihr Zeit zu verbringen. Unsere Geschichte, das Ding zwischen uns war lang und verzweigt wie ein Olivenbaum. Ich hatte vor langer Zeit ihr Herz gebrochen und sie hatte die Unverschähmtheit besessen mir das zu verzeihen und mich weiterhin Freund zu nennen. Sie hatte mir darüber mehrmals das Leben gerettet, in dem sie mich einfach im Arm hielt.
Wie in der letzten Nacht, die ich mit meinem Vater verbrachte. Es war um Weihnachten 2009. Ich war in Riesa, meiner Heimatstadt und ging zu ihm zum Kaffee. Ich musste zuschauen wie seine Putzfraufreundin sich Stollen in ihren fetten Mund stopfte und diesen mit Kaffee nachspülte, ihr Gesicht war nichts weniger, als ein Autounfall, ich musste ständig hinsehen. Ich musste ihre dummen Fragen einer Antwort würdigen und ihre Blicke ertragen. Sie war weg und wir machten uns auf zum Weihnachtsmarkt. Wir liefen die Elbe entlang, vorbei am Mischfutterwerk, wo ein Freund von mir Jahre zuvor auf LSD runtersprang. Ich erzählte ihm davon und er bemerkte, dass er immer dachte, meine Freunde wären gute Menschen. Er war noch nie ein guter Lügner.
Wir hatten ein paar Glühwein und danach lud er mich zum Italiener ein. Als er die Hauptspeise auf den Teller der Vorspeise stellte, bedachte ich das mit dem Kommentar, dass man das nicht macht. Und plötzlich war ich wieder arrogant und ein Schauspieler. Ich sagte nichts mehr, wir schwiegen beide.
Ich ging mit ihm ins Irish Pub, ich hatte dort meine halbe Jugend verbracht, immer Billard gespielt und meinem Chemielehrer die Freundin ausgespannt. Wir saßen da und ich machte ihn mit einem alten Freund von mir bekannt, den er noch nie gesehen hatte. LaPhroaig Whiskey. Schön torfig, so wie ich ihn am liebsten mag. Er fand sofort Gefallen und trank zu viel davon. Er vertrug noch nie besonders viel und bis auf meinen ersten Männertag, den wir zusammen verbrachten als ich 15 war, hatte er es nie wieder geschafft mich unter den Tisch zu trinken.
Der Rest der Nacht ist verschwommen. Ich weiß noch wie er versuchte, mir mein Leben zu erklären, immer in Verbindung mit der Empfehlung endlich erwachsen zu werden. Ich hatte das nach wie vor nicht vor und winkte stets ab. Dann, es waren wohl zwei Stunden vergangen, fand ich mich allein vor der Bar wieder, von ihm keine Spur. Er war gegangen. Ich rief ihn an, nichts. Seine Klingel blieb nach dem 10ten Mal immernoch tot und ich traf einen alten Freund, jemand der hatte hier bleiben müssen, weil er ein Opfer seiner fehlenden Ambitionen war. Er wohnte im selben Eingang und lies mich rein. Ich fuhr mit dem Fahrstuhl in den 9ten Stock und klopfte, vergebens. Der Flur war mit Teppich ausgelegt und so legte ich mich vor der Tür meines Vaters schlafen. Zwei Stunden später, gegen drei Uhr morgen, erwachte ich und versuchte erneut ihn durch heftiges Klopfen zu wecken. Aussischtslos.
Ich war wieder nüchtern genug um drauf zu gießen. An den Treppen vor der Tür fiel ich etwa einen Meter tief und holte mir fiese Wunden, die ich erst Stunden später würde begutachten können. Ich ging in meine zweite Stammbar. Es war wohl sowas wie ein Flirtabend. Mädchen ohne Top und Shots for free. Sie wollten mich einladen oder mit mir tanzen. Ich war der einzige Gast unter vierzig und ohne Bierbauch. Ich war so frustriert, dass ich nein sagte, was ich bis heute bereue. Nach drei Bier, es war gegen halb fünf, ging ich zurück zu ihm. Und Wunder oh Wunder, die Tür öffnete sich. Vor mir stand ein alter Mann, dem ich leider viel zu ähnlich sehe, um jegliche Verwandtschaft zu leugnen. Er schrie mich an, dass ich alt genug wäre, was ich wollte, warum ich denn überhaupt noch einen Vater brauche. Ich entgegnete, dass verabredet war war mich übernachten lassen würde. Er nannte mich einen Wichser und ich solle mich verpissen. Ich nahm leise meine Sachen und rief sie an, in voller Verzweiflung und sie sagte, komm nach Dresden, ich geh schlafen, aber lasse die Terassentür offen. Am Bahnhof blieb mir die Festellung, das ich noch eine Stunde auf den ersten Zug warten musste. Die hässliche aber nette Bedienung im Cafè gab mir Kaffee, in den ich leise hinein weinte und die Zeit verstreichen lies. Im Zug konnte ich nicht schlafen, diese Situation war zu sehr da und ich konnte nicht aufhören mich zu fragen, was in den mir fehlenenden Stunden wohl passiert war, um ihn so sauer zu machen. Ich beruhigte mich mit dem Wissen, dass ich nie ausfällig oder gemein werde, egal was und wie viel ich trinke. Er war wohl einfach kein guter Mensch.
Die Fahrt dauerte ewig und ich musste noch mit der Straßenbahn durch ganz Dresden. Die Tür war wirklich offen. Als ich mich auszog, wachte sie auf und schimpfte über meine Wunden und wie ich mich kontinuierlich selber zerstöre. Ich entgegnete, ich wäre ein Stuntman und müsse im Training bleiben. Sie lachte und lies mich so wahnsinnig tief in ihrem Arm einschlafen. Ein Geste die ich keine drei Monate später mit Füßen treten würde, weil ich schon immer ein Ignorant war und nichts gut genug sein kann um mich bleiben zu lassen.
Am nächsten Tag wechselten wir zwischen Sauna und Badewanne, tranken Wein und mir ging es langsam besser. Ich war immer der Meinung, dass Freunde die Familie sind, die man sich selber sucht, stets taten sie es besser und mehr, als jeder aus meiner Blutlinie.
Ich bin also wieder in diesem riesigen Haus auf dem weißen Hirsch und verbringe meine Tage mit Dekadenz. Ich fahre ihren BMW zum Museum und danach schreibe dies hier nebst Whiskey von ihrer Terrasse aus in die Welt, während sie ihre Tochter vom Kindergarten abholt.
Danach ich erkläre eben jener wie ein Suchworträtsel funktioniert und sie liest ihr alles über Disney Heldinen vor. Eine kleine Familie in der Nachmittagssonne, in die ich mich hinein gestohlen habe. Es könnte immer so sein, aber dafür ist es zu spät, sie wird mich nicht tiefer in ihr Leben lassen, nicht nochmal und ich muss in drei Tagen wieder gehen. Bis zum Ende der Woche will ich meinen Job gekündigt haben, um das hier immer zu tun im Stande zu sein, wenigstens in meiner Welt.
Gerade machen wir das Prinzessinnen-Quiz, um endlich heraus zu finden welche Disney Figur wir sind, ich bin Schneewitchen. Mir gefällt das Bild von mir im Glassarg, enden wie Lenin.
In diesem Haus ist alles weich. Alle Bänke und Sofas, die Decken mit Fell. Ich schlafe ein und sie wagt die These, das ich erfrieren werde. Unter dieser Decke wird mir so wahnsinnig wohl, das ich nicht aufstehen kann oder mag, obwohl die Bank etwa 50 Zentimeter zu kurz für meinen Körper ist. Ich erwache gegen 4 Uhr morgens und finde Wein und Whiskey auf dem Tisch in beschlagenen Gläsern. Das Haus ist still und ich fühle mich ein wenig, wie ein Eindringling. Als ich die Treppe hinunter gehe finde ich meine Sachen vor ihrer Tür, hinter der sie wieder mit ihrer Tochter schläft, aufgestapelt. Ein kleines Bild voller Abschied, schießt mir durch den Kopf. Ich bin hier die längste Zeit gewesen. Beim Kaffee fällt mir D.H. Lawrence in die Hand und nach zehn Seiten frage ich mich endlich, wie man dazu kommt seine Hauptfiguren Gudrun und Ursula zu nennen.
Wer mich als nächstes auffängt wird hiermit konkurrieren müssen. Ich kenne leider zu wenige wunderschöne Frauen mit großen Häusern.
(müsste K.)(for Keatslover)
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