Das Problem mit hübschen Frauen, mit denen man platonische Beziehungen pflegt, ist, dass man das nicht tut. Dieses kleine Stück Mensch in mir, ihren Hintern niedlich zu finden und sie zum Lachen bringen zu müssen, um sie eben lachen zu sehen bestimmt die Zeit, die wir auf dieser Decke im Sonnenuntergang liegen.
Sie streicht mir durchs Haar, als wäre es nichts, schaut mir in die Augen, zieht einen Mundwinkel nach oben und ich kriege zu viel. Der ukrainische Sekt lässt es dunkel werden und wir erzählen von gestern und den Menschen um uns. Ich lerne ein neues Wort Menschen mit hoher Stirn abfällig zu betiteln. Ich liebe neue Wörter und in diesem Moment liebe ich sie. Wie ihr langes rotes Haar in der letzten Sonne glänzt, wir hängen uns an den Lippen, aber küssen werden wir uns nie, weder heute noch sonst wann. Es kommt die Theorie auf, dass man nicht voraussetzen kann je wieder zu lieben, wir stehen beide auf verlorenem Posten und ich gehe bevor es peinlich wird.
Mein Heimweg wird bestimmt durch ein Cover von Ryan, Ryan nicht Brian, Adams. Wonderwall wie es Herr Gallager nie hätte schreiben können. Ich denke an die Couch auf der ich meine Nacht fristen werde, in dieser Wohnung, die nicht meine ist, mit einer Katze, die ich morgen früh noch füttern muss, bevor ich auf Arbeit gehe. Ich gehe die falsche Straße rein und lande vor meiner Lieblingsbar, deren Chef ein Wichser ist, deren Chef mein Dr. Cox Syndrom verkörpert. Ich hoffe auf bekannte Gesichter, entdecke aber nur Fielmann-bebrillte Pirnaer Ausflügler, denen wohl die tiefer gelegten Golfs vorm Laden gehören.
Ich knöpfe der hübschen Kellnerin ein Budweiser ab und merke, dass ich inzwischen zu betrunken bin um noch charmant zu sein, höre mich irgendwas pöbeln, lasse das Bier stehen, um nun wirklich schlafen zu gehen, Aktion sinnlos.
Ich kann nicht schlafen. Ich brauche was zum Arm drauf legen, die Katze will nicht und zwingen ist pervers. Also schlage ich mich mit Textideen rum und träume davon die Eier zu haben sie umzusetzen, um sie laut vorlesen zu können. Ich ermutige mich selbst mit der Begründung, dass ich alles schreiben darf, denn wenn mir jemand Schamlosigkeit vorwirft, dann war es eh das lyrische Ich.
MÖSE
Beim fünfzehnten Mal von links nach rechts drehen beschließe ich, dass diese Nacht wohl schlaflos bleibt.Ich gehe spazieren und rieche den Morgen, bevor ich ihn sehen kann. Der Krimmsekt von vier Stunden vorher färbt den Himmel lila und sorgt für mein Lächeln. Weil mir das Ganze noch nicht absurd genug ist, setze ich mich auf den Rand eines Springbrunnens, nebst eines Landstreichers, der vom Süden singt. Ich stimme ein, denn ich wäre auch gerne da. Ich tausche Tabak für Schnaps. Nach dem zweiten Refrain kommt die Bridge, aber die gerät holprig. Unterbrochen von Husten und Auswurf. Mein Kompagnon verliert die Vorderlastigkeit und kippt nach hinten in den Brunnen, Kopf unter Wasser. Ein paar Sekunden lang blubbert es lustig. Beim Kontrollschulterblick wirkt mein Spiegelbild wellig. Der Gedanke dieses Leben zu retten gewinnt, so packe ich seinen stinkenden Körper, leiste erste Hilfe und rufe den Krankenwagen. Während ich neben der Liege sitzend seine Hand halte frage ich mich welcher Kaugummi wohl stark genug ist mir den Penner aus dem Mund zu ätzen und wann ich diesen bekomme. Der Sanni sieht mich seltsam an. Ich fühle mich overdressed mit meinem Anzug neben dieser schlafenden Schönheit in Wolle und dem roten Ampelmännchen mit der Spritze voller Kochsalzlösung.Der Wagen schauckelt gefährlich und ich kämpfe gegen den Drang mich in den eigenen Schoß zu erbrechen. Wir kommen an. Beim Öffnen der Tür hasse ich mich dafür meine Sonnenbrille vergessen zu haben.
Beim Ausfüllen des Aufnahmeprotokolls mache ich mich jünger und denke mir einen Namen für meinen Schützling aus, da sich dieser wahrscheinlich jeglicher Visa entbehrt.
Rainer Essig
Ich stolpere auf dem Weg nach draußen am Heißgetränkeautomaten vorbei und fange mir ein weiß bekitteltes Zwinkern ein. Der Blick auf die Uhr lässt mich schockgefrieren, in zehn Minuten beginnt meine Schicht, die noch vier Kilometer entfernt ist. Meine Flirtversuche beim offensichtlich rosanen Krankenwagenfahrer scheitern, er hätte Pause. Nochmal drei Minuten verschwendet, zum Rennen verdammt. Und das bei meiner Unsportlichkeit. Nichts im Bauch außer Seitenstechen, kämpfe ich mich durch die Touristenmenge, blicke böse drein, damit es schneller vorwärts geht.
Als ich die Tür öffne rieche ich nach paarungswilligem Iltis, was aber bei den ganzen nach Heilsalbe duftenden Silberrücken nicht weiter auffällt. Ich begebe mich hinter meinen Stand, schließe die Kasse auf und beginne meinen Sonntag in Dresden.
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